Innovative Baustoffe prägen die Zukunft des Bauens. Wissenschaftler und Technologen arbeiten mit Hochdruck an der Forschung und Entwicklung neuer und der Weiterentwicklung bewährter Baustoffe. Leistungsfähig, langlebig, nachhaltig und risikofrei müssen sie sein. Ziel sind Steigerung von Effizienz, Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit. Neue Materialien ermöglichen bessere Ansätze, die Architektur zu revolutionieren und den Städten ein neues Gesicht zu geben.
Carbonbeton: Das High-Performance Material ist eine Verbindung aus Beton und Kohlenstofffasern – und damit fester, leichter und langlebiger als herkömmlicher Beton. Carbon rostet nicht, eine Betonüberdeckung wie beim Stahlbeton ist nicht erforderlich. Der Sandverbrauch und die mit der Herstellung von Stahlbeton verbundenen CO2-Emissionen könnten so deutlich reduziert werden. Produziert werden kann das Baumaterial aus jedem Stoff, der Kohlenstoff enthält. Derzeit nutzen Forscher Lignine, ein Abfallprodukt bei der Herstellung von Holz. Carbon punktet gegenüber Stahlbeton auch hinsichtlich Tragfähigkeit und Gewicht.
Auf dem Campus der Technischen Universität (TU) Dresden ist 2019 unter der Regie des TU-Konsortiums „C³-Carbon Concrete Composite“ 2019 ein zweigeschossiges Referenzobjekt aus Carbon entstanden. C³-Vorstandvorsitzender Prof. Manfred Curbach, Leiter des Instituts für Massivbau: „Das C-Cube soll die Eigenschaften von Carbonbeton veranschaulichen und ein Musterbeispiel für filigranes, leichtes und schlankes Bauen sein.“
Im Mannheimer Büropark Eastsite errichtete Dreßler Bau aus Stockstadt das weltweit erste Gebäude mit kompletter Textilbeton-Sandwichfassade. Die Fassadenfläche des viergeschossigen Bürohauses beträgt 1000 m². Wie Christoph Suttrop von Dreßler Bau betont, enthalte die dünnwandige Außenschale nur zwei Tonnen alkaliresistente Glasfasertextilmatten. Eine klassische Stahlbetonfassade hätte knapp acht Tonnen Stahl benötigt.
Forscher des Departements Architektur der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich entwickelten hochbelastbare, aber leichte Bodenelemente, deren gewölbte Form an Kathedralen erinnert. Nur zwei Zentimeter dick und 70 Prozent leichter als herkömmlicher Beton, benötigen sie keine Stahlverstärkung. Allein die Form ermöglicht maximale Belastbarkeit. Um die Herstellungskosten zu reduzieren, wurde mit 3D-Druck gearbeitet. Allerdings wurden die Elemente nicht aus Beton, sondern aus Sand in Kombination mit einem speziellen Bindemittel gefertigt.
Philipp Block von der ETH Zürich dazu: “Die neuartigen Bodenplatten werden nun beim Bau eines zweigeschossigen Gästehauses getestet, das auf dem Dach unseres Forschungsgebäudes errichtet wird.“
Hochaktuell sind Baustoffe, die im Fall von Erdbeben oder Explosion durch ihr hohes Energieabsorptionsvermögen Stoßwellen dämpfen können. Dies gelingt einem Polymerbeton, der neben porösen organischen Füllstoffen auch Fasern zur Verstärkung enthält. Durch das hohe Porenvolumen reduziert dieser Baustoff die zerstörende Wirkung von Detonationen.
Mit dem neuartigen, äußerst tragfähigen Baustoff „Holzbeton“ stellten Forscher der Schweizer Initiative „Ressource Holz“ eine andere Innovation im Bereich der Betonherstellung vor. Feingeschliffenes Holz ersetzt den entsprechenden Kies- und Sandanteil mit einem Volumenanteil von mehr als 50 Prozent Holz.
Hochhauser aus Brettsperrholz (BSP) stehen Betonkonstruktionen im Hinblick auf Stabilität und Feuerfestigkeit in nichts nach. Mit extremer Festigkeit, hoher Feuerbeständigkeit und guten Fähigkeiten zur Kohlendioxid-Abscheidung, bietet BSP deutliche Vorteile: Ein weniger aufwendiges Fundament ist erforderlich, auch kann schneller und leiser gebaut werden.
Am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) in Oberhausen werden derzeit Verfahren entwickelt, mit denen sich der unterirdisch wachsende Teil von Pilzen – Myzel genannt, zu Dämmmaterial oder Baustoff weiterverarbeiten lässt. Das US-amerikanische Start-up Ecovative hatte bereits ein schaumartiges Material aus Myzelien hergestellt. Je nach beigemischten Nebenprodukten könnte es sich nicht nur als Dämmstoff, sondern auch als ressourcenschonendes Baumaterial und willkommene Alternative zu Kunststoff, Styropor oder Sperrholz eignen.
Unter Nanomaterialien versteht man Werkstoffe, deren besondere Eigenschaften in der nanoskaligen Größe ihrer Bestandteile beruhen. Durch die – im Verhältnis zur Masse – größere Oberfläche bewirken Nanomaterialien veränderte physikalisch-chemische Eigenschaften. In der Baubranche werden Nanotechnologien bereits erfolgreich eingesetzt, um mechanische, energetische, hygienische oder ästhetische Eigenschaften von Baumaterialien zu verbessern.
Im Zentrum der Forschung des Fraunhofer-Geschäftsbereichs »Nano im Bau« steht die Frage, wie sich Nanomaterialien in bestehende Produktionsprozesse oder Wertschöpfungsketten integrieren lassen. Dazu gehören zum einen die Beimischung zu den Werkstoffen, zum anderen das Aufbringen der Nanomaterialien als Beschichtung.
Mit ihnen lassen sich leichte und freitragende Bauten realisieren, die vergleichbaren Glaskonstruktionen in Preis und Flexibilität überlegen sind. Beispiel: Allianz-Arena. Im Rahmen des Geschäftsbereichs »Bauen mit Membranen« treiben sieben Institute der Fraunhofer-Allianz Bau die Entwicklung dieser Technologie voran.
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